Der “Schieri” – Nur etwas für Fußballplatz, Tennisplatz und Boxring?

Der “Schieri” – Nur etwas für Fußballplatz, Tennisplatz und Boxring?

Matthias Lindow, Rechtsanwalt

Telekanzlei Lindow & Partner, Hamburg

Jeder kennt ihn aus den Sportveranstaltungen: den Schiedsrichter. Auf dem Fußballplatz läuft er mit den Spielern über das Feld und pfeift, wenn ein Spieler gegen die Spielregeln verstößt. Auf dem Tennisplatz sitzt er auf seinem hohen Stuhl und wacht darüber, dass kein Ball ins Netzt geht oder das Netz auch nur berührt. Im Boxring achtet er darauf, dass die beiden Boxer einander den Regeln entsprechend möglichst “sauber” die Nasen demolieren.

Der Sport ist so auch eines der Haupteinsatzfelder schiedsgerichtlicher Konfliktlösung. Es gibt Schiedsgerichte jedoch auch in vielen anderen Bereichen des rechtlichen und außerrechtlichen Miteinander. Denken wir nur an die Schlichtungsstellen des KFZ-Handwerks oder ähnliche Einrichtungen. Allerdings: außerhalb des Sports sind diese Institutionen meist nur “Insidern” bekannt.

Gerade im Wirtschaftsleben rückt die Möglichkeit, Konflikte, ohne die staatliche Gerichtsbarkeit in einem schiedsgerichtlichen Verfahren zu lösen, immer mehr in den Vordergrund. Ist sie aus dem internationalen Wirtschaftsleben heute bereits nicht mehr wegzudenken, nimmt das Interesse besonders vor dem Hintergrund völlig überlasteter staatlicher Gerichte auch in der Bundesrepublik ständig zu.

Schiedsgerichte: warum und wofür?

Schiedsgerichte sind von der Zivilprozeßordnung (ZPO) als eine Alternative zur staatlichen Gerichtsbarkeit ausdrücklich vorgesehen. Da es diesem Zweig der staatlichen Gerichtsbarkeit in erster Linie darum geht, den Rechtsfrieden der Beteiligten wiederherzustellen, überlässt die ZPO den Parteien die Konfliktlösung vollständig, wenn bestimmte minimale Anforderungen an diese Streitbeilegung erfüllt sind.

Vorteile einer Schiedsgerichtsbarkeit

Die Schiedsgerichtsbarkeit hat für die Beteiligten zum Teil erhebliche Vorteile, insbesondere wenn sie am Wirtschaftsleben teilnehmen: Ein Verfahren vor den staatlichen Gerichten dauert oft schon in der ersten Instanz ein bis zwei Jahre; die gleiche Zeit kommt für jede weitere Instanz über den Daumen gerechnet noch einmal dazu. Kommt es dann auch noch zu weiteren Verfahrensverzögerungen durch Zwischenverfahren bis hin zu bloßen Terminsverlegungen wegen Krankheit, Urlaub o.ä., kann es durchaus ein Jahrzehnt und mehr dauern, bis beide Parteien wissen, wer im Recht war. Das ist im Wirtschaftsleben in der Regel dann jedoch völlig uninteressant: die Verluste sind steuerlich längst abgeschrieben, der Schuldner möglicherweise konkurs. Oder der Gläubiger ist konkurs, weil er für sein Überleben die Forderung weit früher hätte realisieren müssen.

Das schiedsgerichtliche Verfahren bietet dagegen zum einen in der Regel nur einen sehr verkürzten sog. Instanzenzug; nicht selten gibt es nur eine Instanz. Zum anderen entscheidet es in der Regel innerhalb ganz weniger Monate. Und nicht zuletzt ist es häufig deutlich kostengünstiger als ein staatliches Verfahren.

Nachteil einer Schiedsgerichtsbarkeit

Der wesentliche Nachteil der Schiedsgerichtsbarkeit folgt aus einem seiner Vorteile: es kann von den Parteien durchaus als Nachteil angesehen werden, wenn z.B. nur eine Instanz zur Verfügung steht. Denn schiedsgerichtliche Urteile können vor staatlichen Gerichten nur unter sehr engen Voraussetzungen angegriffen werden. Ein “Hoffen auf die nächste Instanz” entfällt damit.

Die Zusammensetzung eines Schiedsgerichtes und sein Verfahren

Wie sich ein Schiedsgericht im konkreten Fall zusammensetzt, bestimmt eine sog. Schiedsgerichtsordnung. Für diese Schiedsgerichtsordnung gibt die ZPO bestimmte Minimalanforderungen vor, die auch vor den Schiedsgerichten ein rechtsstaatliches Verfahren sicherstellen sollen. Regelmäßig gibt es drei Schiedsrichter, wobei einer den Vorsitz hat und das Verfahren leitet. Zumindest der Vorsitzende muss ein sog. Volljurist (Richter, Anwalt o.ä.) sein. Zumeist werden solche Personen ausgewählt, die auch in ihrem sonstigen Alltagsgeschäft mit vergleichbaren Problemstellungen befasst sind.

Auch das Verfahren wird in der Schiedsgerichtsordnung geregelt. Auch dafür gibt die ZPO Minimalanforderungen vor. Im Kern kann man sich ein Verfahren vergleichbar den staatlichen Gerichten vorstellen, nur wesentlich beschleunigt und gestrafft.

Die Schiedsgerichtsordnung geben sich die an der Schiedsgerichtsbarkeit Beteiligten. Sie können jedoch auch auf bestehende Schiedsgerichtsordnungen zurückgreifen. Im internationalen Wirtschaftsverkehr wird z.B. in Verträgen häufig die Internationale Handelskammer in Paris als Schiedsgericht bestimmt. Als Verfahrensordnung wird dann meist deren Schiedsgerichtsordnung vereinbart.

Das Urteil: Was kann ich damit machen?

Ein schiedsgerichtliches Urteil hat innerhalb der Bundesrepublik dieselbe Verbindlichkeit wie ein staatliches Urteil: der “Sieger” kann aus dem Urteil ebenso vollstrecken wie aus einem staatlichen. Im internationalen Bereich ist in den meisten Staaten noch ein sog. Anerkennungsverfahren vor den staatlichen Gerichten zwischengeschaltet. In diesem Verfahren wird das schiedsgerichtliche Verfahren und Urteil auf Verstöße gegen die Minimalanforderungen der jeweiligen Zivilprozess-Gesetze überprüft.

“Schiebung, Schiebung” – Das darf nicht passieren

Natürlich muss es im Schiedsverfahren rechtsstaatlich zugehen. Es kann z.B. nicht sein, dass eine Seite die Schiedsrichter und das Verfahren bestimmen kann und die andere Seite an das Urteil gebunden ist. Ist nicht gewährleistet, dass das Verfahren und das Schiedsgericht unparteiisch und auch ansonsten rechtsstaatlich waren, wird das Urteil auf Antrag einer der Beteiligten von einem staatlichen Gericht aufgehoben und ggf. durch ein neues ersetzt.

Und was kostet das?

Das schiedsgerichtliche Verfahren ist meist wesentlich kostengünstiger als ein staatliches: schon wegen des Zeitvorteils; aber auch bei den “reinen” Verfahrenskosten.

Neben der Schiedsgerichtsordnung wird regelmäßig auch eine Kostenordnung festgelegt. Sie soll sicherstellen, dass die Schiedsrichter zwar eine angemessene Vergütung erhalten; dass aber mehr eben auch nicht zu zahlen ist. Zumeist bemisst sich die Vergütung nach Tagessätzen. Beim staatlichen Gericht errechnet sich die Gebühr dagegen aus dem sog. Streitwert, also der ökonomischen Größe, um die die Beteiligten streiten.

Wer die Kosten trägt, ist in den Kostenordnungen meist entsprechend den staatlichen Bestimmungen geregelt: “wer verliert zahlt”.

Das Schiedsgericht: Auch etwas für Trainer und deren Kunden?

Eine schiedsgerichtliche Streitbeilegung kann gerade auch im Trainingsbereich sinnvoll sein. Es kann z.B. über die Vergütung, Nebenleistungen oder über vereinbarte Auftragsvolumina sehr schnell einmal mit dem Auftraggeber zum Streit kommen. Natürlich muss man in einem solchen Streit in erster Linie eine gestörte Kommunikationsbeziehung sehen. Nur sollte vermieden werden, dass eine solche Störung gleich zum Abbruch des Miteinander führt.

Nun ist es gerade im Trainergeschäft nicht selten, dass eine Seite eine ökonomisch besonders starke Stellung hat, die andere Seite dagegen eine eher schwächere. Auch scheinen noch nicht allzu viele Unternehmen, die Trainerleistungen einkaufen, nach der Idee des sog. reversen Marketing zu verfahren: Der Kunde ist zwar König; aber auch der König ist auf die Leistungen seiner Untertanen angewiesen.

Deshalb ist es sinnvoll, im Vertrag bereits ein abgestimmtes Konfliktlösungsmuster festzulegen. Die Kommunikation muss dabei natürlich an erster Stelle stehen. Als Auffang-Netz sollte aber eine Streitbeilegung vorgesehen werden, an der unabhängige Dritte helfend mitwirken. Das allerdings macht auch in diesem Bereich nur Sinn, wenn es in überschaubarer Zeit zu einem Ergebnis führt. Zudem sollten die Richter auch den Alltag der Parteien sowie deren Interessenlagen kennen und berücksichtigen können. Und genau hier hat ein schiedsgerichtliches Verfahren ja seinen Vorteil.